Das positive Vorurteil über die Deutschen lautet, immer pünktlich zu sein und gewissenhaft zu arbeiten. Der ein oder andere mag dem aus eigener Erfahrung widersprechen. Doch wirtschaftlich sieht es in Deutschland ziemlich gut aus. Mit fast Vollbeschäftigung und einem der höchsten Lohnniveaus in Europa, sollte es doch auch ziemlich gut um das Vermögen der Deutschen bestellt sein. Gewisse Studien platzieren Deutschland hier allerdings auf den hinteren Plätzen in Europa.
Warum die Deutschen wenig Vermögen besitzen
Das liegt zum einen daran, dass nur 44 % der Deutschen eine eigene Immobilie besitzen und die Immobilie mit Abstand den größten Teil des privaten Vermögens ausmacht. Allerdings entgehen den Deutschen auch jede Menge Zinsen. 2017 knapp 92 Milliarden Euro, laut einer Studie der DZ Bank. Das sind pro Nase über 1,000 Euro Zinsen!
Denn das meiste Geld liegt auf Konten mit kaum oder gar keiner Verzinsung und verliert dadurch wegen der Inflation auch noch an Wert. 🙀
Welche Finanzprodukte die Deutschen nutzen
Ich hab das zum Anlass genommen, um einmal nachzuschauen, was die beliebtesten und verbreitetsten Finanzprodukte der Deutschen sind. In einer auf Statista veröffentlichten Umfrage, wurden über 1,000 Personen von 18 – 65 Jahren befragt. Wer das Ergebnis sieht, den wird das auch nicht wundern.
Platz 1: Girokonto
Okay, dass war jetzt nicht wirklich verwunderlich. 96 % der Befragten nutzen ein Girokonto. Ich frage mich eigentlich eher, wer denn kein Girokonto benutzt und wie man so überhaupt überlebt? Die Miete kann man ja noch in Cash bezahlen, aber Beitragszahlungen oder Verträge? Nun gut. Falls du einer der 4 % bist, empfehle ich dir ein Girokonto bei einer Direktbank. Hier hast du 4 Optionen, die kostenlos sind.
Platz 2: Sparbuch
Da ist es! Der deutsche Liebling: Das Sparbuch. 😍69 % der deutschen nutzen ein Sparbuch. Und okay, vor allem die ältere Generation ist ohne Tagesgeldkonto als Alternative aufgewachsen. Trotzdem Respekt an das Sparbuch: Für praktisch keine Zinsen und damit eigentlich keinen Mehrwert, hält es sich ziemlich gut. Man kann aber mit Sicherheit davon ausgehen, dass es seinen Zenit überschritten hat. Denn es gibt wirklich keinen Vorteil des Sparbuchs gegenüber dem Tagesgeldkonto.
Platz 3: Bausparvertrag
Noch ein deutscher Klassiker und klare Empfehlung des Onkels – “Hol dir nen’ Bausparvertrag, Junge/Mädel!”. 47 % der Deutschen sind dem Aufruf gefolgt. Und ja, der Bausparvertrag kann ein sinnvolles Instrument in der Finanzplanung sein. Nur leider wird er meistens falsch eingesetzt.
Mit dem Bausparvertrag sicherst du dir günstige Kreditzinsen, wenn du später die eigene Immobilie willst. Zum Vermögensaufbau eignet er sich nicht, bzw. sehr schlecht. Denn die Zinsen in der Ansparphase sind momentan extrem niedrig. Die guten, alten Zeiten, als es auf das Ersparte noch über 4 % Zinsen gab, sind schon lange vorbei.
Platz 4: Tagesgeldkonto
Wie bereits erwähnt, ersetzt das Tagesgeldkonto immer öfter das Sparbuch. Mit 32 % ist es aber noch nicht einmal halb so weit verbreitet. Es eignet sich vor allem, um kurzfristig Geld zu parken. Das heißt, wenn du weißt, dass du in den nächsten Jahren mit Sicherheit darauf zugreifen wirst. Auch deinen Notgroschen solltest du als Finanzpolster auf dem Tagesgeldkonto halten.
Ja, ich weiß, was du jetzt denkst: “Da gibt es doch nicht mal mehr ein halbes Prozent Zinsen.”. Das ist richtig. Aber erstens, immer noch besser als nichts und zweitens geht es vor allem darum, das Geld nicht auf dem Girokonto zu lassen, wo du es eher ausgeben würdest. Es gibt auch immer mal Sonder-Angebote, wie 1 % für die ersten 4 Monate bei der ING Diba (aber danach nur noch 0,01 % 😅).
Platz 5: Aktienfonds und Anleihefonds
Na endlich! Das erste Finanzprodukt in der Liste, mit dem Potenzial, mehr Rendite zu generieren, als dein Geld an Wert durch die Inflation verliert. Aktienfonds besitzen 25 % der Deutschen, Anleihenfonds nur 19%.
Kurze Exkursion: Fonds sind Sammlungen einzelner Wertpapiere (Aktien oder Anleihen). Durch die Bündelung wird das Risiko minimiert (Diversifikation). Wenn du in Fonds oder generell in Wertpapiere investierst, solltest du vor allem langfristig investieren, also für mindestens 5 Jahre auf dein Geld verzichten können und in nichts investieren, was du nicht verstehst.
Was ist möglich an Rendite? Hättest du 1980 in den DAX investiert, dann hättest du bis jetzt im Durchschnitt über 9 % pro Jahr an Rendite erwirtschaftet. Nur so kann Vermögensaufbau funktionieren.
Platz 6: Riester-Rente
Dass wir Deutschen Sicherheit mögen, dürfte mittlerweile klar sein. Die Riester-Rente verspricht garantierte Auszahlungen und wird staatlich gefördert. 25 % der Deutschen besitzen einen Riester-Sparplan und 21 % einen Riester-Fondssparplan. Der Unterschied ist, dass es beim Riester-Sparplan garantierte Zinsen gibt. Beim Fondssparplan hängt das von der Entwicklung der Fonds ab, in die das Geld investiert wird.
Vorteile der Riester-Rente sind die Sicherheit und staatliche Förderung. Nachteil ist, dass man für die Verwaltung des Geldes Gebühren zahlt, die dann natürlich von der Rendite abgezogen werden. Die festen Zinsen beim Riester-Sparplan sind aber mittlerweile so niedrig, dass sich der eigentlich kaum noch lohnt. Die Riester-Rente, die in Fonds investiert, kann richtig angewandt, ein sinnvolles Produkt für die Altersvorsorge sein. 📊
Platz 7: Einzelne Aktien oder Anleihen
Da Fonds im Vergleich zu einzelnen Aktien oder Anleihen das Risiko besser streuen, investieren hier noch weniger Deutsche. Einzelne Wertpapiere sind aber trotzdem der Liebling von Do-It-Yourself-Portfolio-Bastlern, Dividendenjägern und Warren Buffet Jüngern (obwohl auch der zu günstigen Fonds, sogenannten Indexfonds rät). Dabei sind Aktien mit 16 % um einiges beliebter als Anleihen, die nur 9 % der Deutschen besitzen.
Wer sich so selbst um seine Anlage kümmert, spart auf jeden Fall Gebühren. Auch hier gelten die gewohnten Prinzipien: breit streuen, kaufen und ruhen lassen, sowie nichts kaufen, was man nicht versteht. Wenn dich das interessiert, findest du auf Finanzblogroll.de eine Auflistung der besten deutschen Finanzblogs, die tiefer in die Materie einsteigen. Wer allerdings die Zeit nicht investieren will oder den Stress nicht aushält, der kommt mit standardisierten Fonds besser.
Platz 8: Zertifikate
Zertifikate sind ziemlich komplexe Finanzprodukte. Hier näher darauf einzugehen, würde den Rahmen sprengen. Was du wissen musst: Zertifikate dienen dem professionellen Anleger oft zur Absicherung seines Portfolios. Der Privatanleger nutzt sie meistens zum Zocken und hofft, dass er reich wird. 🙄
Man kann bestimmte Zertifikate als Hebel einsetzen, um so überdurchschnittlich von Kursgewinnen und Verlusten zu profitieren. Daytrading fällt auch in diese Kategorie. Lass dir nicht erzählen, dass du damit reich werden kannst. Meine klare Empfehlung: “Finger weg!”. Dem folgt auch die Mehrheit der Deutschen, denn nur 4 % nutzen Zertifikate.
Die Angst vorm Risiko in der Geldanlage
Die Deutschen und das Risiko, dass ist nicht die große Liebe. Und das ist auch okay so! Unnötig Risiko einzugehen ist nicht bewundernswert, sondern dumm. Bei der Geldanlage kommt man nun aber nicht drum herum, ein gewisses Risiko einzugehen. Dass nur 25 % der Deutschen die Chance haben die Inflation auszugleichen, ist einfach zu wenig. Wer sich an bestimmte Regeln hält (langfristig anlegen, diversifizieren, keine Experimente), der macht das Risiko zumindest managebar.
Wenn du dich trotzdem unsicher fühlst, rede mit einem Experten. Ein guter Finanzcoach wird dir nämlich nicht nur Produkte empfehlen, die auf deine individuelle Situation passen, sondern sie dir, inklusive der Risiken, genau erklären. Wenn du einen ersten Schritt gehen willst, erstelle hier eine erste Finanzübersicht. 💡